Der Kurier lieferte das Paket in ein luxuriöses Anwesen und erstarrte, als die Tür von seiner Frau geöffnet wurde.

— Sergej, kannst du mir die Beine ein wenig massieren?

Den ganzen Tag auf High Heels, ich bin total erschöpft, — klagte Viktoria, kaum dass sie nach der Arbeit die Haustür betreten hatte.

Sergej war ebenfalls gerade erst zurückgekommen.

In letzter Zeit nahm er Überstunden in der Fabrik, um mehr zu verdienen und seine Frau mit Geschenken zu erfreuen.

Seine Hände schmerzten vor Erschöpfung, aber er konnte Viktoria nicht ablehnen.

Schweigend setzte er sich neben sie, nahm ihre Beine in die Hände und begann vorsichtig zu massieren, während er sie mit einem sanften, warmen Lächeln ansah.

— Ist das dein neues Armband? — bemerkte er plötzlich, als sein Blick auf den goldenen Glanz an ihrem Handgelenk fiel.

— Ach, das?

Nur Kleinigkeiten, — winkte sie leicht ab.

— Vergoldet, nichts Besonderes.

Lily hatte es von ihrem Verehrer bekommen, aber es war ihr zu groß, also hat sie es mir gegeben.

Sergej nickte.

Lily machte Viktoria tatsächlich oft Geschenke — teuer, aus schicken Boutiquen.

Ihre Familie war wohlhabend, und die Freundin teilte großzügig mit Viktoria.

Es war ihm ein wenig unangenehm, dass gerade die Freundin seine Frau mit Geschenken erfreute, und nicht er.

Er wollte sie auch verwöhnen, aber er gab ohnehin schon alles.

Für einen Moment dachte er: Sollte ich Lily vielleicht andeuten, nicht so oft Geschenke zu machen?

Doch er wischte den Gedanken sofort weg.

An Güte ist nichts verkehrt.

Freundinnen sind schließlich wie Schwestern.

Man sollte nicht auf ehrliche Gesten eifersüchtig sein.

Am nächsten Tag berichtete Viktoria, dass sie unbezahlten Urlaub genommen hatte — ihre Großmutter fühlte sich schlecht, und sie musste in die Nachbarstadt reisen, um sich um sie zu kümmern.

— Mach dir keine Sorgen, alles wird gut, — beruhigte sie ihn, während sie ihm in die Augen sah.

— Ja, wir werden etwas Geld verlieren, aber das ist nicht schlimm.

— Hauptsache, Oma wird wieder gesund.

Sie waren fast drei Jahre verheiratet.

Sergej hatte schon lange davon geträumt, seiner Frau zu ihrem Jubiläum ein besonderes Geschenk zu machen — er hatte eine schöne goldene Kette ins Auge gefasst und dafür gespart.

Aber nun wurden die Pläne durchkreuzt: Wenn Viktoria weniger Gehalt bekommt, müsste er mehr zum Familienbudget beitragen.

— Lass sie sich ausruhen und gesund werden, — nickte er.

— Und du mach dir keine Sorgen.

— Wenn du Geld brauchst, sag es sofort.

— Ich werde einen Weg finden zu helfen.

— Ich kann auch zusätzlich arbeiten.

— Du bist der Beste, — lächelte Viktoria gerührt und schmiegte sich an ihn.

Er war wirklich bereit, alles für sie zu tun.

Er wollte, dass sie glücklich ist und ihre Entscheidung nie bereut.

Als sie abreiste, begleitete er sie bis zum Taxi — sie hatte es eilig und bat ihn, nicht zum Bahnhof zu fahren.

Vor der Abfahrt versprach sie zu schreiben und anzurufen, sobald sie im Zug saß.

Allein zurückgeblieben, dachte Sergej nach.

Es wird mehr Geld gebraucht.

Er musste eine zusätzliche Einnahmequelle finden.

Ein Freund hatte ihm einmal einen Job als Kurier angeboten — er selbst arbeitete nach der Schicht und verdiente gut.

Es waren keine Millionen, aber eine spürbare Ergänzung.

Er dachte, dass er es schaffen könnte, bat um die Kontaktdaten und unterschrieb am nächsten Tag den Vertrag.

Vollzeit arbeiten wollte er nicht, aber wenn er die Überstunden in der Fabrik reduzierte, konnte er beides kombinieren und einen Zusatzverdienst erzielen.

Nach ein paar Tagen war er überzeugt: Es lohnt sich.

Schade, dass er früher nicht auf den Rat seines Freundes gehört hatte.

Er hätte schon für die Kette sparen und mehr zur Familie beitragen können.

Für den Moment entschied er, Viktoria nichts zu sagen — sie sorgt sich ohnehin um ihre Großmutter und ist müde.

Besser, sie nicht abzulenken.

Er würde gerne zur Großmutter fahren und helfen, konnte die Arbeit aber nicht aufgeben.

Seine Hilfe würde auf seine Weise bestehen — durch Geld und Stabilität.

Eines Tages traf er während der Mittagspause zufällig Lily in einem Café.

— Vielen Dank, — sagte er, — für die Geschenke an Viktoria.

— Besonders das Armband hat ihr gefallen.

— Komisch, dass es dir nicht passte — ihr habt fast gleich große Hände.

— Armband? — fragte Lily überrascht.

— Ich erinnere mich nicht, ihr ein Armband gegeben zu haben.

— Einige Dinge — ja, habe ich gegeben, als ich den Kleiderschrank ausgemistet habe, aber Schmuck… Nein, sicher nicht.

Sergej runzelte die Stirn.

Warum erinnert sich Lily nicht?

Vielleicht hat sie es vergessen — aber sie hat ein ausgezeichnetes Gedächtnis.

Vielleicht… hat sie es gar nicht gegeben.

Also war das Armband von jemand anderem.

Aber von wem?

Die Gedanken krochen wie Schlangen: giftig und beharrlich.

Nein, Viktoria könnte das nicht…

Sie ist treu und ehrlich.

Sie lieben sich.

Aber warum dann?

Woher diese Sicherheit, dass alles in Ordnung ist?

Es gab keinen Grund zur Eifersucht, aber er hätte sich nie vorstellen können, dass seine Frau in einer luxuriösen Wohnsiedlung sein würde, statt bei der kranken Großmutter…

Er schob die quälenden Gedanken beiseite, verabschiedete sich von Lilia und fuhr los, um die Bestellungen auszuliefern.

An diesem Tag war die Schicht im Werk kurz.

Als er den wohlhabenden Wohnort erreichte, überprüfte Sergej die Adresse und rief den Kunden an.

— Vielen Dank, — ertönte eine höfliche Männerstimme. — Meine Frau kommt gleich herunter, um das Paket abzuholen.

Sergej wartete ruhig, während er eine Melodie vor sich hinpfiff.

Es blieben nur noch wenige Lieferungen — und dann nach Hause, ans Telefon, zum Anruf von Wika.

Schon jetzt vermisste er sie.

Er war froh, dass es der Großmutter besser ging.

Bald würde Wika zurückkehren, und er wollte ihr ein warmes Abendessen bereiten.

Der Hochzeitstag stand bevor — er wollte ihr endlich jene Kette schenken.

— Guten Tag! Geben Sie mir bitte das Paket!

Die Stimme.

Vertraut, sanft, geliebt — sie traf ihn wie ein Schlag.

Sergej hob den Blick — und erstarrte.

Vor ihm stand Wika.

In einem eleganten Kleid, mit gepflegten Haaren und hohen Absätzen.

Ihr Gesicht verzerrte sich vor Schock.

— Du… was machst du hier? — flüsterte er.

— Ich… äh… und du?.. Warum arbeitest du als Kurier?

— Und warum bist du nicht bei deiner Großmutter? — entgegnete er bitter. — Am Telefon hieß es doch, die Ehefrau würde das Paket entgegennehmen.

Also bist du die Frau hier?.. Ich dachte, du pflegst deine Oma.

Ich habe mir Sorgen gemacht, für sie gebetet. Gut, dass ich nicht gefahren bin.

Stell dir vor, wie absurd das gewesen wäre — der Ehemann kommt, um die kranke Schwiegermutter zu besuchen, und findet heraus, dass seine Frau in der Villa eines anderen Mannes wohnt.

Die Bitterkeit in seiner Brust wuchs, sie drückte sein Herz wie ein Schraubstock.

Tränen brannten in seinen Augen, doch Sergej biss die Zähne zusammen.

Egal, was Wiktoria getan hatte — er wollte keine Schwäche zeigen.

Vor ihr — der Frau im teuren Kleid in einem fremden Haus — wollte er nicht zerbrochen wirken.

— Nur eine Frage, — sagte er leise, aber fest. — Was hat dir gefehlt? Wie lange wolltest du das verbergen? Oder hattest du schon die Scheidung im Sinn?

Seine Stimme bebte, doch er hielt sich aufrecht.

Jedes Wort kam schwer über die Lippen, jede Sekunde war wie ein Schlag.

Er schloss den Schmerz tief in sich ein, damit er nicht in Tränen oder Schreien hervorbrach.

— Lass uns später reden, — begann Wika sich zu rechtfertigen. — Ich werde dich nicht verlassen.

Das war nur… ein Missverständnis. Jora gab mir Dinge, die du mir nicht geben konntest, aber lieben tue ich nur dich.

Mit ihm war es nichts Ernstes. Man könnte sagen, es war eine Art Bezahlung für die Geschenke.

Für all das, was er mir kaufte, und du nicht konntest.

Bezahlung?

Sergej spürte, wie in seinem Inneren etwas zerbrach.

Sie glaubte tatsächlich, dass glänzender Schmuck mehr wert sei als ihre Ehe?

Dass Liebe, Vertrauen und gemeinsame Jahre gegen Luxus eingetauscht werden können?

Er hatte nicht die Absicht, zu vergeben.

Er wollte nicht so tun, als wäre nichts geschehen.

Als er sie ansah — kühl, ohne ein Anzeichen von Reue — verstand er: es war vorbei.

Kein Bedauern, kein Schuldbewusstsein.

Nur kalte Ausreden und Vorwürfe über seine „Unzulänglichkeit“.

— Unterschreib, nimm dein Paket und geh, — sagte er mit eisiger Stimme. — Ich muss arbeiten.

Sie bat ihn, keine übereilten Entscheidungen zu treffen, ihn zu beruhigen, auf ihre Rückkehr zu warten, um alles zu besprechen.

Doch Sergej wartete nicht.

Er erinnerte sich kaum, wie er die letzten Lieferungen erledigte und nach Hause zurückkehrte.

Er erinnerte sich nur daran, wie er den Scheidungsantrag stellte und ihre Sachen sorgfältig in Koffer packte.

Jedes Kleidungsstück war eine Erinnerung an Lügen.

Jede Bewegung war ein Versuch, die Kontrolle über sein Leben zurückzuerlangen.

Er hasste sich dafür, dass er ihr keinen Reichtum bieten konnte.

Doch bald begriff er: sie wusste, worauf sie sich einließ, als sie ihn heiratete.

Sie wusste, dass er ein einfacher, ehrlicher, liebender Mann war.

Und trotzdem wählte sie ihn, nur um dann heimlich nach Auswegen zu suchen?

Nein, allein sich selbst konnte er nicht mehr die Schuld geben.

Als Wika zurückkam, war die Wohnung leer — ihre Koffer standen an der Tür.

— Geh, — sagte er. — Ich werde dir nie vergeben.

Sie fiel auf die Knie, flehte ihn an, bat um eine Chance, sprach von Liebe, davon, dass sich niemand je so um sie kümmern würde wie er.

Sie sagte, es sei ein „Moment der Verblendung“ gewesen, dass sie ihren Fehler eingesehen habe.

— Er hat mir den Hof gemacht, Geschenke gebracht, mir angeboten, in seinem Haus zu wohnen, solange seine Frau in der Klinik war…

Ich weiß, ich habe furchtbar gehandelt. Aber ohne dich kann ich nicht.

Wir sind eine Seele, zwei Hälften. Das Schicksal hat uns zusammengeführt. Du kannst das nicht einfach zerstören.

Sergej hörte zu.

Und mit jedem Wort, das sie sprach, erschien ein schwaches, kaum sichtbares Lächeln auf seinen Lippen.

Nicht aus Freude, sondern aus bitterem Begreifen.

— Du hast recht, — sagte er. — Ich hätte es selbst nicht beendet.

Aber du hast es für mich getan. Und ja, du hast auch in einem Punkt recht — nichts lässt sich mehr ändern.

Wenn das Schicksal uns vereint hat, dann hat es uns auch getrennt.

Und ich bin dankbar, dass die Wahrheit jetzt herauskam und nicht erst in fünf Jahren, mit Kindern und gemeinsamer Hypothek.

Das wäre tausendmal schmerzhafter gewesen.

Er sah sie ein letztes Mal an.

— Geh. Ich verzeihe dir nicht.

Wika ging.

Doch sie gab nicht auf.

Sie schrieb ihm, rief ihn an, bat um seine Rückkehr.

Sergej war bequem: fürsorglich, geduldig, bereit, ihre Launen zu erfüllen.

Sie wusste, so einen würde sie nie wiederfinden.

Darum kämpfte sie.

Aber sie verlor.

Sie verlor ihn für immer.

Und Sergej… er begann ein neues Leben.

Ja, es tat weh, einzugestehen, dass drei Ehejahre ein Irrtum gewesen waren.

Quälend war der Gedanke, wie viele Männer sie wohl hinter seinem Rücken hatte.

Doch er empfand keine Reue.

Im Gegenteil — er dankte dem Schicksal, dass der Betrug rechtzeitig ans Licht kam.

Er begann, für sich selbst zu leben.

Er kaufte das Auto, von dem er immer geträumt hatte.

Er fing an, für sein eigenes Geschäft zu sparen — eine kleine Werkstatt, in der er wirklich arbeiten konnte.

Neue Beziehungen suchte er nicht.

Er ließ die Dinge kommen, wenn ihre Zeit reif war.

Er wusste: wenn ihm Glück bestimmt war, würde es ihn selbst finden.

Das Wichtigste war, nicht zu eilen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen.

Und wenn eines Tages das Glück an seine Tür klopfen würde — würde er ruhig, mit einem Lächeln sagen:

— Ich habe auf dich gewartet.