— Mit meinen eigenen Händen habe ich dieses Haus gebaut! Und jetzt soll ich es deiner Mutter geben? — ich konnte die Absurdität seiner Bitte nicht fassen.
— Lera, schon wieder mit diesen Plänen! Meine Mutter hat längst alles entschieden, — Dmitrij winkte genervt ab, ohne auch nur einen Blick auf die auf dem Tisch ausgebreiteten Zeichnungen zu werfen.

Valerija seufzte und ließ die Hände sinken.
Ein weiterer Versuch, ihren Mann zu überzeugen, war gescheitert.
Eine Architektin mit Auszeichnung, saß sie nun vor ihrem selbst entworfenen Projekt des Traumhauses – das niemand haben wollte.
— Dima, im Projekt deines „bekannten Architekten“ sind die tragenden Wände so angelegt, dass das Dach nach dem ersten Schneefall einstürzen kann.
Verstehst du das? — Lera klopfte mit dem Bleistift auf das Papier und zeigte auf die offensichtlichen Fehler.
— Mama sagt, dass Stanislaw Sergejewitsch ein Profi ist. Er hat für die Hälfte ihrer Bekannten Häuser gebaut.
— Deine Mutter hat keine Ahnung vom Bauen, — Valerija biss sich auf die Lippe und rang um Fassung.
Es klingelte an der Tür.
Lera wusste, wer es war, noch bevor Dmitrij die Tür öffnete.
— Dmitrij! Valerija! — die Stimme von Antonina Pawlowna hallte durch die Wohnung. — Habt ihr schon den Vertrag mit Stanislaw Sergejewitsch unterschrieben?
Die Schwiegermutter ging ohne Einladung in die Küche und blieb stehen, als sie die Pläne sah.
— Was ist das denn? — ihre Augen verengten sich. — Hast du schon wieder deine eigenen Ideen?
— Guten Tag, Antonina Pawlowna, — Lera zwang sich zu einem Lächeln. — Ich wollte nur eine alternative Variante der Raumaufteilung zeigen.
— Meine Liebe, — Antonina Pawlowna setzte sich neben sie und legte die Hand auf die Schulter der Schwiegertochter.
— Du zeichnest wunderbare Skizzen für Zeitschriften, aber ein Haus ist etwas Ernstes. Da braucht es einen erfahrenen Fachmann.
Das Blut schoss Valerija ins Gesicht.
„Skizzen für Zeitschriften“ – so nannte sie ihre Architekturprojekte, die auf Fachwettbewerben Anerkennung gefunden hatten.
— Mama hat recht, Lera, — stimmte Dmitrij zu. — Vertrauen wir doch den Profis.
Valerija sammelte schweigend die Pläne ein.
Am Ende waren es ihr gemeinsames Geld, ihr gemeinsames Haus.
Aber weiter zu streiten hatte keinen Sinn.
Ein halbes Jahr verging.
Das Geld floss dahin wie Wasser.
Stanislaw Sergejewitsch verlangte ständig Nachzahlungen für „unvorhergesehene Arbeiten“.
Valerija biss sich jedes Mal auf die Lippen, schwieg aber, während ihr Budget dahin schmolz.
Eines Abends kam Dmitrij bleich nach Hause.
— Lera, wir haben ein Problem, — er ließ sich aufs Sofa fallen. — Die Bauarbeiter weigern sich weiterzumachen. Sie sagen, im Projekt gäbe es schwerwiegende Fehler. Man müsse das Fundament neu machen.
— Was genau haben sie gesagt? — Valerija war sofort hellwach.
— Irgendetwas über Tragfähigkeit und Grundwasserspiegel. Ich habe die technischen Details nicht verstanden.
Valerija schloss die Augen.
Genau davor hatte sie ein halbes Jahr zuvor gewarnt.
— Und wie viel wird die Korrektur kosten? — fragte sie leise.
— Etwa ein Drittel des Budgets. Das wir nicht mehr haben, — Dmitrij rieb sich die Schläfen. — Vielleicht nehmen wir einen Kredit?
— Nein, — antwortete Valerija fest. — Ich werde es selbst korrigieren.
— Du? — Dmitrij sah seine Frau ungläubig an. — Lera, das ist doch ein Haus, kein Bild!
— Dmitrij, ich bin Architektin mit Diplom. Ich weiß, was ich tue.
Am nächsten Tag nahm Valerija Urlaub und fuhr zur Baustelle.
Als sie das Ausmaß der Katastrophe sah, begriff sie – es war schlimmer, als sie dachte.
Geld für eine neue Baufirma gab es nicht.
Es blieb nur eine Möglichkeit.
Drei Monate lang fuhr Lera täglich zur Baustelle.
Sie lernte, Beton anzumischen, das Fundament zu verstärken, mit Bewehrung zu arbeiten.
Nachts studierte sie Bauforen, konsultierte sich mit Fachleuten.
Ihre Hände waren von Schwielen bedeckt, ihr Rücken schmerzte, doch jeder Tag brachte einen kleinen Sieg.
Dmitrij half selten.
Meistens verbrachte er die Zeit mit seiner Mutter oder „erholte sich vom Stress bei der Arbeit“.
Antonina Pawlowna kam regelmäßig zur Baustelle, um zu kontrollieren.
Das Geld aber investierte Lera.
Nachts arbeitete sie, tagsüber stand sie auf der Baustelle.
— Mein Gott, was macht ihr nur aus dem Haus! — rief die Schwiegermutter entsetzt, als sie Valerija mit Kelle sah. — Das wird doch kein Haus, sondern eine Bastelbude!
— Mama, du weißt doch – wir haben kein Geld mehr, — zuckte Dmitrij mit den Schultern.
— Hätte man denn keine ordentlichen Arbeiter engagieren können? — fuhr Antonina Pawlowna fort.
— Was sollen die Nachbarn denken, wenn sie sehen, dass deine Frau auf dem Dach herumklettert?
— Sie werden sagen, dass Ihr Sohn eine großartige Frau hat, — hielt Valerija dagegen. — Eine, die keine Angst vor Arbeit hat.
Antonina Pawlowna schnaubte und drehte sich weg.
Die Monate vergingen.
Das Haus nahm langsam, aber sicher Gestalt an.
Valerija verputzte die Wände, strich die Decken, verlegte die Leitungen.
Nach der Arbeit, an Wochenenden, an Feiertagen – jede freie Minute verbrachte sie dort.
Nach einem Jahr war das Haus fertig.
Gemütlich, warm, bis ins kleinste Detail durchdacht – genau so, wie Valerija es in ihren ersten Zeichnungen gesehen hatte.
Bald zogen sie um.
Und Dmitrij rief begeistert:
— Unglaublich! Ich hätte nie gedacht, dass wir so ein Haus bekommen würden!
Valerija hob eine Augenbraue, schwieg aber.
— Wir?
Bald darauf erschien Antonina Pawlowna auf der Türschwelle.
In den Händen trug sie eine Tüte mit Mitbringseln.
Die Schwiegermutter betrachtete aufmerksam das Haus.
— Wie reizend! So gemütlich! Wer hat euch das nur so wunderbar eingerichtet?
— Lera, — antwortete Dmitrij knapp. — Sie hat alles selbst gemacht.
— Bravo, mein Mädchen! — Antonina Pawlowna umarmte ihre Schwiegertochter. — Ich habe immer gesagt, dass du goldene Hände hast!
Valerija lächelte nur.
Das Haus war ihr Verdienst, ihr Sieg.
Und niemand konnte ihr das nehmen.
Sechs Monate lang lebten sie im neuen Haus.
Antonina Pawlowna kam jedes Wochenende, brachte Marmelade mit, stellte kleine Dekorationen in die Regale und gab Ratschläge für die Gartengestaltung.
Eines Tages kam ihre Freundin Marina auf eine Tasse Tee vorbei.
Sie bemerkte:
— Du hast eine wunderbare Schwiegermutter. Viele können nur von so einer träumen.
Lera nickte, während sie nachdenklich aus dem Fenster schaute:
— Ja. Erstaunlich, wie schnell sie dieses Haus lieben gelernt hat. Früher nannte sie es eine Bastelei.
Dmitrijs Geburtstag beschlossen sie im neuen Haus zu feiern.
Valerija bereitete seit dem Morgen alles vor: sie briet Fleisch, machte den Lieblingssalat ihres Mannes, backte einen Kuchen.
Die Schwiegermutter kam als Erste, mit einem teuren Geschenk für ihren Sohn.
— Dima hat ein Fest verdient, — Antonina Pawlowna küsste Valerija auf beide Wangen. — So ein wunderbares Haus hat er gebaut!
Valerija schwieg.
In einem halben Jahr hatte sie sich daran gewöhnt.
Daran gewöhnt, dass alle Verdienste anderen zugeschrieben wurden.
Als hätte Valerija dieses Haus nicht mit eigenen Händen geschaffen.
Am Abend gingen die Gäste.
Dmitrij bat Valerija, im Wohnzimmer zu bleiben.
Er sah ungewöhnlich ernst aus.
— Lera, wir müssen ernsthaft reden.
— Ist etwas passiert? — fragte Valerija vorsichtig.
— Mama hat Probleme, — Dmitrij senkte die Stimme. — Sie hat ihre Wohnung verloren.
Betrüger.
Sie haben sie mit Tricks gezwungen, irgendwelche Papiere zu unterschreiben.
— Mein Gott! Wir müssen zur Polizei gehen!
— Es ist schon zu spät.
Die Wohnung ist verkauft, das Geld verschwunden.
Mama steht auf der Straße, — seufzte Dmitrij. — Ich habe mir gedacht… Wir müssen das Haus Mama überlassen.
Valerija erstarrte.
— Mit meinen eigenen Händen habe ich dieses Haus gebaut! Und jetzt sollen wir es deiner Mutter geben?
Und was machen wir dann?
— Wir mieten eine Einzimmerwohnung. Nur vorübergehend, natürlich, — Dmitrij sah an Valerija vorbei. — Mama ist eine ältere Frau, sie braucht bequeme Bedingungen.
— Dmitrij, dieses Haus habe ich selbst gebaut! Ein Jahr lang, ohne Wochenenden und Feiertage!
— Lera, es sind nur Wände. Aber Mama ist meine Familie.
— Und ich? Wer bin ich für dich, Dima?
Lautlos betrat Antonina Pawlowna den Raum.
— Valerija, meine Liebe, — begann die Schwiegermutter sanft. — Du bist jung, schön. Das ganze Leben liegt noch vor dir.
Und ich bin eine alte Frau. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit.
— Aber das ist unser Haus, — sagte Valerija leise. — Wir haben all unsere Ersparnisse hineingesteckt. Ich habe ein Jahr meines Lebens hineingesteckt.
— Die Mutter ist wichtiger als irgendwelche Wände, — schnitt Dmitrij ab.
In dieser Nacht konnte Valerija nicht schlafen.
Etwas ließ ihr keine Ruhe.
Die Geschichte mit den Betrügern erschien ihr zu unglaubwürdig.
Am Morgen, als Dmitrij zur Arbeit gegangen war, fuhr sie zu einer Immobilienfirma, wo ihre Freundin arbeitete.
— Marina, ich brauche Informationen über die Wohnung von Antonina Pawlowna Kowrowa, — Valerija legte einen Zettel mit der Adresse auf den Tisch.
Eine Stunde später hatte sie den Auszug.
Die Wohnung war nicht verkauft worden.
Laut einer Vollmacht von Antonina Pawlowna war die neue Eigentümerin eine gewisse Swetlana Igorewna Kowrowa.
— Das ist doch Antonina Pawlownas Tochter, — erklärte Marina. — Sie lebt in einer anderen Stadt.
Keine Betrüger, nur ein ganz normaler Deal zwischen Verwandten.
Der Raum verschwamm vor ihren Augen.
Lüge.
Alles war eine Lüge.
Und plötzlich ergab alles Sinn: das Schwärmen der Schwiegermutter für das Haus, die häufigen Besuche, das seltsame Verhalten des Ehemanns.
Zu Hause überprüfte Valerija die Unterlagen für ihr Landhaus.
Dmitrij war der einzige Eigentümer.
Sie hatte sich nicht eingemischt, als der Bau nach einem absurden Plan begann.
Verletzter Stolz und Trotz hatten gesiegt.
Jetzt erschien ihr das wie ein schrecklicher Fehler.
Im Schrank ihres Mannes fand sie einen Ordner mit Dokumenten.
Darin war ein Entwurf des Schenkungsvertrags für das Haus von Dmitrij Kowrow an seine Mutter, Antonina Pawlowna Kowrowa.
Das Datum — der nächste Donnerstag.
— Ach so, — flüsterte Valeria.
Sie verstand alles.
Die Wohnung hatte die Schwiegermutter ihrer Tochter gegeben.
Und nun plante Dmitrij, sein Haus an seine Mutter zu schenken, damit Valeria im Falle einer Scheidung keinen Anspruch darauf haben könnte.
Valeria handelte schnell.
Sie sammelte alle Quittungen für Baumaterialien, die sie selbst gekauft hatte.
Sie fand Fotos, auf denen sie auf der Baustelle arbeitet.
Sie wandte sich an die Nachbarn, um schriftliche Zeugenaussagen darüber zu erhalten, wer das Haus tatsächlich gebaut hatte.
Als Dmitrij abends zurückkehrte, wartete Valeria mit einem Koffer im Flur auf ihn.
— Was ist los? — Dmitrij erstarrte in der Türöffnung.
— Ich weiß alles, Dima, — antwortete Valeria ruhig. — Über die Wohnung deiner Mutter. Über den Schenkungsvertrag. Über euren Plan.
— Welcher Plan noch? Bist du verrückt geworden?
— Nein, Dima. Ich habe durchschaut. Ich habe die Scheidung eingereicht. Und die Vermögensaufteilung. Dieses Haus ist das Ergebnis meiner Arbeit, und ich werde dafür kämpfen.
Dmitrij wurde bleich.
— Du wirst nichts beweisen! Das Haus steht auf meinen Namen!
— Ich habe Beweise, — Valeria nickte zu dem Ordner mit den Dokumenten. — Und Zeugen. Viele Zeugen.
Der Prozess dauerte drei Monate.
Antonina Pawlowna erschien nicht zu den Sitzungen.
Dmitrij behauptete, das Haus gehöre ihm, und Valeria habe „nur bei Kleinigkeiten geholfen“.
Aber die Zeugenaussagen der Nachbarn, die Fotos und die aufbewahrten Quittungen taten ihre Wirkung.
Das Gericht berücksichtigte Valerias persönliche Arbeitsleistung beim Bau und beließ das Haus bei ihr, verpflichtete sie jedoch, Dmitrij eine Entschädigung in Höhe der Hälfte der Grundstücksanzahlung zu zahlen.
Ein Jahr verging.
Valeria saß auf der Veranda genau dieses Hauses und betrachtete den Sonnenuntergang.
Im geräumigen Wohnzimmer arbeiteten drei Designerinnen — Mitarbeiterinnen ihres neuen Studios „Mit eigenen Händen“.
— Lera, eine Kundin ist bei dir, — blickte Marina, ihre Geschäftspartnerin, zur Tür herein. — Sie sagt, ihr Mann habe einen Architekten engagiert, aber ihr gefällt das Projekt nicht.
Valeria lächelte.
— Lade sie auf die Veranda ein.
Zu ihr trat eine junge Frau mit einem Ordner voller Baupläne.
— Guten Tag, — begann die Besucherin unsicher. — Man hat mir gesagt, Sie helfen Frauen, die Häuser ihrer Träume zu gestalten.
— Ja, — nickte Valeria und wies auf den Stuhl gegenüber. — Weil wir sie manchmal selbst bauen müssen. Mit eigenen Händen.