Genau in diesem Moment schoss der Graue aus den Büschen hervor — raste wie ein Pfeil vorbei und sprang, ohne das Tempo zu verringern, direkt durch das offene Fenster ins Auto.
Auf den Knien des Fahrers gelandet, grub er seine Krallen tief in dessen Beine!

Lord besaß von klein auf eine angeborene Gelassenheit.
Schon als winziger Welpe, wenn er Pfützen machte oder Möbel ankaute, tat er es mit einer gewissen welpenhaften Ernsthaftigkeit.
Und das war kein Wunder — schließlich verpflichtete seine Rasse dazu.
„Deutsche Dogge“ klingt stolz, und Lord wusste das sehr wohl.
Er kam ins Haus von Andrej und Ksjuscha, als er kaum eineinhalb Monate alt war.
Ein kleiner, lustiger Welpe, ein Geschenk von Freunden — auf der Hochzeit überreichten sie den frisch Vermählten eine Kiste, aus der leises Fiepen zu hören war.
Es war eine Überraschung — unerwartet, aber die wertvollste von allen.
Die Eheleute hatten nicht die Absicht, aus dem Welpen einen Ausstellungschampion zu machen oder sich mit Zucht zu beschäftigen.
Doch sie waren fest entschlossen, einen klugen und wohlerzogenen Hund großzuziehen, der ein echtes Familienmitglied werden sollte.
Sie wollten, dass er alle Befehle beherrschte und sie mit einem halben Wort verstand.
Lord spürte die Liebe von den allerersten Tagen an.
Die Besitzer krochen auf dem Boden herum, spielten mit ihm, trugen ihn im Arm, wenn er Bauchschmerzen hatte, die ihn in seiner Kindheit oft plagten.
Sie wechselten sich mit den Universitätsbesuchen ab, damit Lord niemals allein blieb.
Mit der Zeit begannen Spaziergänge, Training und Übungen.
Der Hund gab sich Mühe, auch wenn er nicht immer verstand, was man von ihm wollte.
Die Kommandos mussten immer wiederholt werden, doch niemand schrie ihn je an oder tat ihm etwas zuleide.
Man kaufte ihm Spielzeug, Leckerchen, nahm ihn mit auf Reisen.
Er war nicht nur ein Haustier — er war ein Teil der Familie.
Und alles war wunderbar… bis der Graue in ihr Leben platzte.
Lord selbst fand ihn — ein kleiner Fellball, schmutzig, zitternd, mit Schnupfen und leise wimmernd.
Auf dem schmelzenden Schnee liegend, erweckte er Mitleid, und selbst der edle Hund konnte nicht vorbeigehen.
Er musste ihn zu Ksjuscha bringen.
Ksjuscha wusch das Kätzchen schnell, wärmte es, fütterte es, und bald sah es aus wie ein kugelrundes Bällchen.
Allerdings verdautes sich das Futter schlecht — seine „Spuren“ fanden sich überall.
Lord konnte das nicht ertragen und übernahm die Erziehung persönlich: er schleppte den Grauen am Nacken direkt ins Katzenklo.
Die Katze erwies sich als clever und begriff schnell, dass er als Kleinster alles durfte.
Er wetzte die Krallen, wo er wollte, schlief auf den Kissen der Besitzer, wühlte in den Blumentöpfen und lernte sogar, den Kühlschrank zu öffnen, um die leckersten Sachen herauszufischen.
Doch auch das genügte dem Grauen nicht.
Trotz aller Bemühungen von Andrej und Ksjuscha, ihn nicht hinauszulassen, begann er regelmäßig auszubüxen.
Er kam schmutzig, zerkratzt, aber stets zufrieden zurück.
Lord wusste, dass er nicht weniger geliebt wurde, doch er verspürte trotzdem einen Stich Eifersucht.
Vor allem, wenn der Graue auf den Arm genommen wurde oder auf dem Kissen schlafen durfte, während für ihn nur ein Platz zu Füßen blieb.
Er war eifersüchtig, besonders wenn der Graue schnurrend an Ksjuscha schmiegte und dabei verstohlen auf die Reaktion des Hundes schielte.
Denn Lord liebte aufrichtig, ohne Falschheit, ohne etwas dafür zu verlangen…
Und alles änderte sich mit dem Erscheinen des wichtigsten Wesens in seinem Leben.
Ein kleiner rosa Umschlag, der im Spätherbst ins Haus gebracht wurde, wurde für Lord der Sinn seiner Existenz.
Ein schreiendes, nach Milch duftendes Baby war sein eigenes — sein liebstes.
Von der allerersten Begegnung an empfand Lord etwas Tiefes und Zärtliches.
Er beschloss sofort: er ist ihr Beschützer.
Er wich nicht von dem Kinderzimmer, saß stundenlang neben dem Bettchen und beobachtete aufmerksam.
Die Katze ließ er nicht an das Kind heran.
Der Graue musste sich mit der restlichen Wohnung begnügen — der Weg ins Kinderzimmer war ihm verboten.
Lord hielt Wache und dachte nicht daran, nachzugeben.
Als man die Kleine im Kinderwagen nach draußen brachte, ging Lord stets nebenher, wie ein Leibwächter.
Er schritt voller Stolz und Würde.
Für Ksjuscha wurde es leichter — sie konnte den Wagen vor dem Eingang neben Lord abstellen und ihre Erledigungen machen, während das Baby friedlich schlief.
Ende Dezember tauchte neben ihrem Haus eine Eisbahn auf.
Direkt gegenüber dem Eingang begann man, einen großen Weihnachtsbaum aufzustellen.
Diesmal war er nicht künstlich, sondern echt, mit einem Holztransporter aus dem Wald gebracht.
Für den Aufbau brachte man Technik und Arbeiter herbei.
Viele Schaulustige versammelten sich — Kinder, Rentner.
Alle diskutierten über das Geschehen, auch wenn es schwer war, sich zu verstehen — Lautsprecher dröhnten mit lauter Diskomusik, und die Worte gingen im Lärm unter.
Das Baby störte das jedoch nicht — es schlief friedlich im Kinderwagen, während Lord, mit der Leine an die Bank gebunden, daneben saß und aufmerksam die Umgebung beobachtete.
Der Weihnachtsbaum wurde mit einem Kran angehoben, um ihn in das im Boden befestigte Fundament zu setzen.
Doch der Stamm schwankte – der Baum wollte einfach nicht gerade stehen.
Die Arbeiter stritten miteinander, die Zuschauer machten Lärm, und die Musik dröhnte laut.
Der Kranführer, offenbar entschlossen, die Methode zu ändern, begann langsam rückwärtszufahren, während er gleichzeitig den Stamm anhob.
Er rief seinen Kollegen etwas zu und fuchtelte mit den Armen aus dem offenen Fenster der Kabine.
Dabei bemerkte er nicht, dass direkt dahinter, neben der Bank, ein Kinderwagen stand.
Lord spürte die Gefahr lange bevor sie offensichtlich wurde.
Zuerst sprang er auf, stellte sich vor den Kinderwagen und begann zu bellen, in der Hoffnung, dass ihn jemand hörte.
Doch der Lärm und die Musik übertönten seine Versuche.
Er zerrte an der Leine, versuchte die Bank zu verschieben, zog an der Befestigung – alles vergeblich.
Und der Kran kam immer näher an den Kinderwagen heran.
Da schoss plötzlich aus den Büschen, wie aus einer Schleuder geschleudert, der Graue hervor.
Er sprang in die Luft und flog direkt durch das offene Fenster in die Kabine.
Auf den Knien des Kranführers gelandet, bohrte er seine Krallen kräftig in dessen Beine.
Der Mann hatte mit so einem Angriff natürlich nicht gerechnet.
Vor Schmerz schrie er auf, trat hart auf die Bremse und schleuderte die Katze aus der Kabine.
Der Graue flog davon, schlug gegen die Rampe und blieb reglos liegen.
Der Bediener sprang fluchend aus der Kabine, stürzte zur Katze und bemerkte erst jetzt den Kinderwagen und den vor Anspannung tobenden, laut bellenden Lord.
Man muss es ihm lassen – er begriff alles in einem Augenblick.
Er wurde blass und griff sich an den Kopf.
Genau in diesem Moment stürmte Ksjuscha aus dem Hauseingang.
Sie hatte bei der Hausarbeit immer wieder aus dem Fenster gesehen und war beim letzten Blick vor Schreck erstarrt – sofort rannte sie nach unten.
Sie erreichte den Kinderwagen, überzeugte sich, dass mit dem Baby alles in Ordnung war, und stürmte dann auf den Fahrer zu, bereit, ihn am liebsten zu zerreißen.
Doch sein verwirrter und beschämter Blick hielt sie für einen Moment zurück – sie machte nur eine Handbewegung und wollte schon gehen, als sie plötzlich den reglosen grauen Körper in der Nähe bemerkte.
– Grauer! – rief Ksjuscha erschrocken und eilte hin, nahm die Katze auf den Arm. – Was ist mit dir passiert?
Sie hatte nicht gesehen, wie die Katze in die Kabine gesprungen war, und verstand deshalb nicht, warum sie bewegungslos dalag.
– Wach auf! Halte durch, hörst du? Wer hat dir das angetan?
– Äh… Entschuldigen Sie… wirklich… – begann der Fahrer zu reden und versuchte, die laute Musik zu übertönen.
In diesem Moment wurde der Ton endlich abgeschaltet.
– Ich… ich war’s aus Versehen… Er sprang zu mir, krallte sich fest – ich hab’s erst nicht verstanden, hab ihn reflexartig rausgeworfen.
Dann bin ich rausgesprungen – dachte, ich bring den Kerl um…
Und dann, – er zeigte mit der Hand auf den Kinderwagen, – verstehen Sie, er hat uns alle gerettet… und ich hätte ihn beinahe…
Ksjuscha schüttelte die Katze, während Tränen über ihr Gesicht liefen.
Und plötzlich murmelte der Graue etwas Unverständliches, fauchte, krümmte sich, öffnete die Augen und blickte verwirrt umher.
– Ruhig, ruhig… – flüsterte Ksjuscha, drückte die Katze an sich und wischte gleichzeitig die Tränen aus ihrem Gesicht, – nur nicht bewegen…
– Verzeih mir, Bruder… – murmelte der Fahrer, während er das Tier schuldbewusst ansah. – Ich wollte nicht, es ist einfach so passiert…
Die Katze kam endgültig wieder zu sich, krallte sich in ihre Besitzerin und sah sich mit wilder Verwunderung um, als verstünde sie nicht, wo sie war.
Die Menge, die sich inzwischen versammelt hatte, begann durcheinanderzureden: Manche lobten die Katze, andere zeigten auf die zerkratzten Beine des Fahrers, und dieser erzählte immer wieder von seinem Treffen mit dem „flauschigen Flieger“, ohne müde zu werden zu schildern, wie es passiert war.
Ksjuscha drängte sich vorsichtig durch den Kreis der Menschen, band Lord los, hielt die Katze mit einer Hand fest und schob mit der anderen den Kinderwagen zum Eingang, bemüht, nicht wieder in Tränen auszubrechen.
Später am Abend saßen Andrej und Ksjuscha auf dem Boden neben dem Weihnachtsbaum, eng umschlungen.
Sie spielte zum hundertsten Mal in Gedanken den schrecklichen Moment nach, in dem die Maschine langsam auf ihre Tochter zurollte.
Schon bei dem Gedanken daran lief ihr ein Schauer über den Rücken.
Ihr Mann hielt sie sanft, strich ihr übers Haar und flüsterte beruhigend:
– Alles ist gut… es ist schon vorbei…
Und im Kinderzimmer schliefen zum ersten Mal auf einem Bettchen nebeneinander das kleine Mädchen und der graue, zottelige Kater, noch immer leicht erschüttert.
Lord saß in der Nähe, beobachtete sie und dachte, dass es vielleicht kein Zufall war, dass er damals, vor ein paar Jahren, dieses störrische kleine Fellbündel aus dem Schnee gezogen hatte.
Und dass er ihn nicht umsonst großgezogen hatte – der Kater war genau richtig geworden.
Echt.
In diesem Moment öffnete der Graue, als hätte er den Blick gespürt, ein Auge halb, und Lord zwinkerte ihm, so gut es seine Hundefresse zuließ:
„Gut gemacht, Grauer. Du bist ein Kerl… Ich respektiere dich!“