Trauer kann die Grenzen zwischen Realität und Erinnerung verwischen, aber das, was Kelly erlebte, war etwas ganz anderes.
Sie kannte die Stimme ihres Mannes.
Sie hatte jede Nuance, jedes zärtliche Flüstern auswendig gelernt.
Aber Jeremy war seit zwei Jahren tot.
Als sie ihn plötzlich sprechen hörte – aus dem Zimmer ihrer Tochter – stand ihr jedes Haar zu Berge.
Ein kalter Schauer lief ihren Rücken hinunter, während sie reglos stehen blieb, das Herz in ihrer Brust hämmerte.
Sie zwang sich, sich vorwärts zu bewegen, ihre zitternden Hände öffneten die Tür.
Da war Sophia, friedlich in ihrem Bettchen schlafend, zusammengerollt mit ihrem Teddybär.
Doch in dem Moment, als Kelly den Raum betrat, kam die Stimme wieder, so klar wie der Tag. „Ich liebe dich für immer.“
Panik durchzuckte sie. Sie scannt den Raum – keine offenen Fenster, keine versteckten Lautsprecher.
Verlor sie ihren Verstand? Hatte die Trauer sie endlich gebrochen?
Mit zitternden Fingern griff sie nach dem Bären und drückte ihn sanft.
Der gleiche Satz hallte erneut wider: „Ich liebe dich für immer.“
Dann tauchte eine Erinnerung auf. Ein Geburtstagsgeschenk.
Ein Bär von ihrer Schwiegermutter, den Sophia erst vor ein paar Tagen bekommen hatte.
Kelly erinnerte sich kaum daran, war sie doch von dem Gewicht eines weiteren Geburtstags ohne Jeremy abgelenkt. Jetzt brauchte sie Antworten.
Als sie Gloria zur Rede stellte, entfaltete sich die Wahrheit wie eine erschütternde Offenbarung.
„Ich habe seine Stimme aus deinem Hochzeitsvideo genommen“, gab Gloria zu.
„Seine Gelübde. Ich wollte, dass Sophia die Stimme ihres Vaters hört. Ich wollte, dass sie ein Stück von ihm hat.“
Tränen verschwammen Kellys Sicht, als das Gewicht allem bewusst wurde.
Der Schock. Der Schmerz. Die Liebe.
Sie wusste nicht, ob sie wütend oder dankbar sein sollte, aber als sie an diesem Abend da saß und ihre Tochter schlafen sah, wusste sie eines mit Sicherheit – Jeremy war nicht fort.
Er lebte weiter, in den Augen ihrer Tochter, in ihrem Lachen und jetzt, in der sanften Stimme eines Teddybären.
Als Kelly den Bären noch einmal sanft drückte, füllte die Stimme ihres Mannes den Raum. „Ich liebe dich für immer.“
Tränen liefen ihr über das Gesicht, aber zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich nicht mehr so allein.