„Bist du völlig verrückt geworden?“ — rief sie fast, trat hastig zurück, als wäre sie auf frischer Tat ertappt worden.
„Ich? Deine Verlobte mimen? Gestern habe ich noch in Mülltonnen gewühlt, um etwas Essbares zu finden!“

Er drehte ruhig den Schlüssel im Schloss, schloss die Tür und sagte, müde an die Wand gelehnt:
„Du hast keinen Grund, abzulehnen.
Ich werde dir mehr bezahlen, als du dir jemals vorstellen kannst.
Nur ein einziger Abend.
Sei meine Verlobte.
Für sie.
Für meine Eltern.
Es ist nur ein Spiel.
Eine Aufführung.
Oder hast du vergessen, wie man spielt?“
Sie schwieg.
Ihre Finger in den abgetragenen Handschuhen zitterten.
Ihr Herz schlug so heftig, dass es zu zerreißen drohte.
„Und wenn dies der Beginn eines neuen Lebens ist?
Oder wenigstens das Ende des alten Schmerzes?“
So begann eine Geschichte, auf die niemand vorbereitet war.
Er war reich wie ein ganzes Land.
Sein Name war Nathan Berg.
Jung, streng, mit kalten Augen und unbewegtem Gesicht.
Sein Name schmückte die Titelseiten von Wirtschaftsmagazinen, und seine Fotos tauchten in den Listen der einflussreichsten und reichsten Junggesellen der Welt auf.
Bildung, Geld, Macht — alles wie in den Büchern.
Doch seine Eltern, die in Europa lebten, wiederholten ständig:
„Wann lernen wir endlich deine Freundin kennen?
Warum versteckst du sie?“
Sie beschlossen, unangekündigt zu kommen.
Morgen.
Nathan hatte keine Angst — er war vielmehr verwirrt.
Nicht, weil er ihre Verurteilung fürchtete, sondern weil er keine passende Frau für diese Rolle sah.
Schauspielerinnen verachtete er.
Er konnte falsche Lächeln nicht ertragen.
Er brauchte jemanden Echtes.
Oder zumindest jemanden, der völlig anders war, als sie erwarteten.
An diesem Abend fuhr er durch die Stadt.
Kälte, Staus, Abendlichter.
Und plötzlich sah er sie — am Eingang zur U-Bahn, mit einer Gitarre und einem Karton: „Ich bitte nicht um Almosen.
Ich bitte um eine Chance.“
Nathan hielt an.
Zum ersten Mal ging er nicht einfach vorbei.
„Wie heißt du?“
Sie hob den Blick.
Ihre Stimme war heiser, aber stolz:
„Warum willst du das wissen?“
Er lächelte leicht:
„Ich brauche eine Frau, die überleben kann.
Wirklich.
Lebendig, ohne Falschheit.
So wie du.“
Ihr Name war Martha.
Siebenundzwanzig Jahre alt.
Hinter ihr — Waisenhaus, Ausreißen, Jahre auf der Straße, Resozialisierungszentren, Nächte in der Kälte und ihre Gitarre.
Ihre einzige Wahrheit.
Am nächsten Abend stand sie vor dem großen Spiegel im Zimmer des Hotels „Emerald“.
Ihre Hände zitterten leicht, als sie das edle Samtkleid in der Farbe des tiefen Meeres berührte.
Ihr Haar, frisch gewaschen und gestylt, glänzte.
Das Make-up betonte ihre Gesichtszüge und machte sie fast unkenntlich.
„Sie sind schon im Restaurant, — sagte Nathan und richtete seine Manschetten.
— Wir sind spät dran zu unserem Glück.“
„Glaubst du wirklich, das wird funktionieren?“
Er sah sie lange an:
„Ich denke, du bist die Einzige, die das Herz meiner Mutter erobern kann.“
Im Restaurant schien alles unter Kontrolle.
Fast.
Der Vater war zurückhaltend, aber aufmerksam.
Die Mutter — eine Frau mit feinen Manieren und durchdringendem Blick, fähig, einen Menschen an einer einzigen Augenbrauenbewegung zu durchschauen.
Ihre Augen blieben auf der jungen Frau gegenüber haften.
„Wie haben Sie meinen Sohn kennengelernt?“ — fragte sie.
Martha spürte Nathans Blick auf sich.
Er nickte leicht.
„In einer Buchhandlung, — antwortete sie.
— Ich habe einen Band von Schopenhauer fallen lassen, er hob ihn auf… und wir mussten lachen.“
„Schopenhauer? — wunderte sich die Frau.
— Sie lesen Philosophie?“
„Als ich ein Kind war.
Im Waisenhaus erlaubte uns die Bibliothekarin sogar die schwierigsten Bücher mitzunehmen — wenn wir versprachen, sie zurückzubringen.“
Es trat Stille ein.
Nathans Mutter stellte langsam ihr Glas ab, ohne den intensiven Blick von Martha zu nehmen.
In ihren Augen blitzte ein kaum erkennbarer Schatten auf.
„Im Waisenhaus? — wiederholte sie, und in ihrer Stimme lag etwas Flüchtiges — Neugier oder die Spur eines alten Schmerzes.“
Und es geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte.
Marta richtete sich abrupt auf, sammelte all ihre Kraft und sagte mit fester Stimme:
„ Entschuldigen Sie. Ich habe gelogen. Ich bin nicht Ihre Schwiegertochter. Ich komme nicht aus der Buchhandlung, sondern von der Straße. Ich bin obdachlos. Nur eine Frau, die es satt hat, jemandes Eigentum zu sein, und die heute zum ersten Mal gespürt hat, ein Mensch zu sein.“
Anstatt Tadel oder Aufruhr kam die Frau im strengen Kleid auf sie zu und umarmte sie.
„ Meine Tochter… auch ich habe einmal bei null angefangen. Jemand hat mir eine Chance gegeben. Und ich bin froh, dass du deine genutzt hast.“
Nathan schwieg.
Er sah sie nur an.
Und zum ersten Mal begriff er: Das Spiel ist vorbei.
Das echte Leben beginnt jetzt.
Sie sagte die Wahrheit – und erhielt eine Umarmung statt Verachtung.
Niemand ahnte noch, dass dies nur der erste Schritt war.
Nathans Mutter zeigte erstaunliche Feinfühligkeit – sie sah in Marta nicht Betrug, sondern innere Stärke.
Der Vater jedoch blieb kühl.
„ Das ist Wahnsinn, Nathan, – sagte er kalt und scharf und schnitt die Spannung entzwei. – Hast du uns in ein Theater von Straßenfantasien gebracht?“
„ Das ist meine Entscheidung, – entgegnete der Sohn ruhig. – Nicht euer Urteil.“
Nach dem Abendessen ging Marta hinaus.
Sie zog ihre Schuhe aus, lehnte sich an die Wand und weinte.
Nicht aus Scham – aus Erleichterung.
Sie hatte die Wahrheit gesagt.
Und niemand wies sie zurück.
Nathan trat leise näher.
Er hielt seinen Mantel in den Händen.
„ Du gehst nicht zurück auf die Straße. Du wirst bei mir wohnen. Solange es nötig ist.“ Er machte eine Pause. „ Du verdienst etwas Besseres.“
„ Ich bitte nicht um Mitleid.“
„ Ich biete kein Mitleid. Ich gebe dir eine Chance.“
…
So begann ihr gemeinsames Leben – seltsam, intensiv, aber aufrichtig.
Er arbeitete bis spät in die Nacht, streng mit sich selbst und mit anderen.
Sie lernte.
Sie nahm Bücher, besuchte Kurse, putzte, kochte.
Manchmal griff sie zur Gitarre – nicht wegen des Geldes, sondern weil etwas Lebendiges in ihr erwachte.
Sie veränderte sich.
„ Du bist anders geworden, – sagte er eines Tages.“
„ Zum ersten Mal habe ich keine Angst mehr, hinausgeworfen zu werden.“
…
Einen Monat später ging ihr Vater fort.
Er sagte kein Wort.
Er hinterließ nur einen Zettel: „Wenn du das Herz wählst – rechne nicht mehr mit meinem Vermögen.“
Nathan öffnete den Umschlag gar nicht.
Er warf ihn ins Kaminfeuer und sagte leise:
„ Geld kommt und geht. Aber wenn du dich selbst verlierst – bist du nichts mehr wert.“
…
Drei Monate später sah Marta zwei Streifen auf dem Test.
„ Das ist unmöglich, – flüsterte sie auf den Badezimmerfliesen sitzend. – Viel zu früh… Wir sind nicht einmal ein Paar… “
Als sie es Nathan sagte, schwieg er lange.
Dann zog er sie an sich.
„ Ich weiß nicht, wie dieses Gefühl heißt. Aber ich weiß eines – es ist richtig.“
…
Es gab juristische Kämpfe um das Land, das der Vater Nathan wegnehmen wollte.
Im Internet kursierten Gerüchte über „den Milliardär und die Obdachlose, die ein Glückstheater aufführten“.
Es gab eine schwere Geburt, Angst um das Kind, Schmerz, Sorge.
Und dann begann ein neues Leben.
Ein Leben, in dem Marta Autorin ihrer eigenen Geschichte wurde.
Eine Frau, die nicht als Bettlerin am Rand, sondern als Mensch auf die Bühne trat – jemand, der Armut, Gleichgültigkeit und Verrat überlebt hatte.
Und jedes Mal, wenn sie sich an das Publikum wandte, sagte sie:
„ Ich war ‚Braut auf Zeit‘. Jetzt bin ich Frau fürs Leben. Weil jemand den Menschen in mir gesehen hat.“
…
Die letzte Szene – dasselbe Restaurant.
Marta hält ein zehnjähriges Mädchen mit dichten Locken an der Hand.
„ Siehst du, Kleine? Hier hat dein Vater zum ersten Mal wirklich gelächelt. Hier wurden wir zu einer Familie, nicht zu einer Vorstellung für Zuschauer.“
Nathan ist neben ihr.
Er lächelt.
Er hält ihre Hand.
In seinen Augen ist kein Bedauern.
Er hat keine Prinzessin geheiratet.
Er hat eine Königin gewählt.
Eine Frau, die einst mit einem Karton auf der Straße saß und nicht um Almosen bat, sondern um eine Chance.